Blauer Heinrich: Der Paritätische bekennt sich zu „Vielfalt ohne Alternative“

Beim „Blauen Heinrich“, dem traditionsreichen Neujahrsempfang der Paritätischen Kreisgruppen Bochum und Herne im Kunstmuseum Bochum, wurde deutlich: Noch nie war es für die Stadtgesellschaften so wichtig wie heute, als Gemeinschaft zum Schutz unserer Demokratie zusammenzustehen.

Der Paritätische in Bochum und Herne tat dies unter dem Motto „Vielfalt ohne Alternative“. Er steht mit seinen 108 Mitgliedsorganisationen in Bochum und Herne – dazu gehört auch der Verein ID55 – für eine demokratische, offene, vielfältige Gesellschaft, in der alle Menschen gleichwürdig teilhaben und Schutz erfahren. Angela Siebold, die Vorsitzende des Paritätischen Bochum, betonte in ihrer Begrüßung:

„Der Paritätische mit seinen Mitgliedsorganisationen steht für eine demokratische, offene, vielfältige Gesellschaft, in der alle Menschen gleichwürdig teilhaben und Schutz erfahren. Gute Soziale Arbeit heißt Einsatz für und die Verwirklichung von Menschenrechten. Wir sehen uns verpflichtet, allen Ideologien der Ungleichwertigkeit entschieden entgegenzutreten. Wir sind Teil der Zivilgesellschaft. Wir stehen für gelebte Demokratie und eine Kultur des wechselseitigen Respekts in der durch Pluralität von Lebenssituationen  und Diversität geprägten Gesellschaft.

Wir – das sind in Bochum und Herne aktuell 108 Mitgliedsorganisationen  mit ca. 5400 hauptamtlichen und c. 1800 ehrenamtlichen Mitarbeitenden in 235 Einrichtungen und Standorten. Gemeinsam leisten sie pro Jahr 5.200.000 Arbeitsstunden und erhalten dafür 101.130.000 Euro Lohn oder Gehalt. Von jedem Euro, der als Zuschuss oder Förderung in den sozialen Sektor investiert wird, fließen nach wissenschaftlichen Untersuchungen etwa 84,- Cent in die Region zurück – als Steuern, Mieten, Versicherungen oder Konsum, aber auch durch Aufträge an lokale und regionale Unternehmen.

Das bedeutet: Die öffentliche Förderung der sozialen Infrastruktur ist weder Zuschussgeschäft noch ein Fass ohne Boden. Jeder Euro ist gut angelegt – als lohnenswerte und nachhaltige Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft.


Die Veranstaltung 2024 trug das Motto „Mit 66 Jahren – Vielfalt und Teilhabe in einer älter werdenden Gesellschaft“. Die ID55-Gründerin Susanne Schübel, Vorsitzende des Paritätischen Herne, schlug in ihrer Begrüßung der Gäste eine Brücke zwischen den Protesten gegen antidemokratische Entwicklungen und der Generation der Babyboomer:

„Eine Generation, die mit großer Leidenschaft für diese demokratische Gesellschaft, für Vielfalt, Integration und Gleichberechtigung gestritten hat und weiter kämpft, wollen wir heute in den Mittelpunkt rücken. „Mit 66 Jahren – Vielfalt und Teilhabe in einer älter werdenden Gesellschaft“ – so lautet unser Thema. Eigentlich müssten wir jetzt Udo Jürgens singen hören, der schon 1977 unter dem Titel „Mit 66 Jahren – da fängt das Leben an“ den richtigen – den optimistischen – Ton getroffen hat.

Wer heute 66 Jahre ist, gehört zur Generation der Babyboomer. Dabei handelt es sich um Männer und Frauen, die zwischen 1955 und 1964 geboren wurden. Viele von ihnen sind bereits im Ruhestand, andere bereiten sich darauf vor. Babyboomer in Deutschland – das sind 12,5 Millionen Menschen (Stand: 12/2022) und ein Bevölkerungsanteil von rund 15 Prozent. Allein in Bochum und Herne gehören 78.000 Frauen und Männer zu dieser Kohorte. Das sind die sogenannten geburtenstarken Jahrgänge, ich selbst – Baujahr 1956 – gehöre dazu.

Uns verbindet so vieles. Wo wir waren, da waren immer viele: im Kindergarten, in der Schule, an der Uni, bei Bewerbungen um Lehrstellen und Arbeitsplätze. Gleichzeitig wollten wir alles verändern. Wir wollten anders leben als die Generationen vor uns, anders lernen, anders lieben, andere Musik hören, andere Kleidung tragen und anders arbeiten.

Heute wollen wir anders alt werden und suchen nach neuen Bildern vom Alter(n). Die bekommen wir nicht geschenkt. Frank Schirrmacher, der viel zu früh gestorbene Herausgeber der FAZ, hatte Recht, als er 2005 in seinem Buch „Das Methusalem-Komplott“ forderte: Wir müssen das Alter neu erfinden.

Wir müssen gestalten, bevor wir selbst gestaltet werden. Das können wir. Wir müssen uns gerade machen, wenn unter dem Stichwort „OK Boomer“ neuerdings Generationenkonflikte geschürt werden. Wir sind aber nicht allein Teil des Problems, wie aktuell so häufig zu lesen ist. Wir sind vor allem Teil der Lösung. Deshalb sind wir noch mal dran. Als Opas for future, als Omas gegen Rechts. Wir haben als Friedensgeneration so viel Gutes erfahren und wollen der Gesellschaft so viel zurückgeben: als Ausbildungspaten, Nachbarschaftsstifter, Vorleser, Tafelhelfer, Technik-Engel, Kniggetrainer, Granny aupairs und vieles, vieles andere. Wenn nicht wir, wer sonst?“

Nach Grußworten der Bochumer Bürgermeisterin Gabriela Schäfer und des Herner Bürgermeisters Kai Gera führte Hermann Allroggen, Vorstandsmitglied der Bundesarbeitsgemeinschaft der Seniorenorganisationen (BAGSO), ins Thema ein. Er gab Antworten auf die Frage, was eine Kommune lebenswert macht. Insbesondere im Alter, wenn die Mobilität mehr und mehr abnimmt, rücken die Kommune und das direkte Wohnumfeld immer mehr in den Fokus. Zudem wächst die Gruppe der Älteren stetig. Städte und Gemeinden müssen sich auf die sich verändernden Bedürfnisse und Herausforderungen einstellen. Es müssen also Gelingensbedingungen geschaffen werden, damit alle Generationen am gesellschaftlichen Leben teilhaben können und damit Ausgrenzung und Vereinsamung verhindert werden. Dabei sollte nicht vergessen werden, dass die Älteren viel Potenzial, Zeit und Engagement mitbringen, sich für diese Gesellschaft gewinnbringend einzusetzen. Auf das Erfahrungswissen und diese Kompetenz dürfe nicht verzichtet werden.

In einer Podiumsdiskussion mit der Bochumer Sozialdezernentin Britta Anger und Hermann Päuser, Vorsitzender des Beirats „Leben im Alter“ der Stadt Bochum, stellte die ID55-Gründerin Susanne Schübel anschließend die Geschichte und die Arbeit des Vereins ID55 als „best practise“-Beispiel vor. Zwischendrin gab die Bochumer Kabarettistin Esther Münch als Putzfrau Waltraud Ehlert ihren Senf dazu.

Das Foto von Renate Burda / Der Paritätische zeigt (von links): Oliver Becker (Geschäftsführer des Paritätischen Herne und Bochum), Kristin Pfotenhauer (JKD, Vorstand Parität Herne), Mike Imminger (FuK, Vorstand Parität Herne), Kai Gera (Bürgermeister Herne), Angela Siebold (Vorsitzende des Paritätischen Bochum), Margarita Tomczak (Vorstand Bochum), Susanne Schübel (ID55, Vorsitzende des Paritätischen Herne), Gabriela Schäfer (Bürgermeisterin Bochum), Esra Tekkan-Arslan (PLAN B, Vorstand Parität Herne), Britta Anger (Sozialdezernentin Bochum) und Feras Hamad (Vorstand Bochum, FuK).

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